Blauflossen-Thunfisch: Erfreuliche Erholung

Christoph Beierl | 27. Februar 2023

(Atlantischer) Blauflossen-Thunfisch, auch Roter Thun genannt, ist wohl einer der bekanntesten Fische im
Meer - und das aus gutem Grund. Mit einem Gewicht von bis zu 700 kg und einer Länge von bis zu 4,5 m ist er ein wahrlich beeindruckender Fang für Sportfischer. Sein torpedoförmiger Körper und seine im Vergleich zu anderen Kaltblütern leicht erhöhte Körpertemperatur machen ihn zu einem der schnellsten Schwimmer im Meer und garantieren ihm einen Platz an der Spitze der Nahrungskette als Spitzenprädator. Sein fettreiches, perfekt marmoriertes Fleisch hat ihn zu einer kulinarischen Delikatesse gemacht und ihm einst einen Platz auf der Liste der gefährdeten Arten eingebracht.

Und auch für seinen hohen Preis ist der Thunfisch berüchtigt, sorgt er doch regelmässig für Schlagzeilen, wenn ein besonders wertvolles Exemplar für einen siebenstelligen Dollarbetrag versteigert wird - auch wenn diese Preise meist nur zu Marketingzwecken oder als Glücksbringer bei der Versteigerung des ersten Fisches der Saison erzielt werden.

Ebenfalls einen Blick wert sind die extremen Preise, die für den Blauflossen-Thunfisch gezahlt werden, auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten, denn im Gegensatz zu weniger wertvollen Arten kann dieser Fisch auch dann noch gewinnbringend gefischt werden, wenn nur eine sehr geringe Anzahl von Fischen gefangen wird. Dies deutet darauf hin, dass die Bestände von Blauflossen-Thunfisch ohne Schutzmassnahmen auf ein viel gefährlicheres Niveau abgefischt werden. Tatsächlich sind die Bestände von ihrem Höchststand auf nur noch einstellige Prozentsätze geschrumpft, so dass der Blauflossen-Thunfisch früher laut IUCN Red List of Threatened Species einige Zeit lang als «endangered» galt.

Zum Vergleich, was (insbesondere von FAO) sonst gemeint ist, wenn von «überfischten» Arten die Rede ist, ist dass ihre Bestände unter 80 % des Niveaus gefallen sind, das erforderlich ist, um die Maximum Sustainable Yield, also das langfristige Gleichgewicht, zu erreichen. Fischbestände von knapp unter 80% sind zwar sicherlich ein guter Grund aktiv zu werden, nicht aber automatisch auch ein Grund zur Sorge. So erholte sich der Thunfisch in den letzten Jahren zB spektakulär, nachdem Fangmengenbeschränkungen eingeführt worden waren, und das wird auch bei anderen Arten der Fall sein. Fische sind weitaus widerstandsfähiger, als wir ihnen zugestehen. Es braucht nur Zeit. Sehr viel Zeit.

Organisation für Atlantischen Thunfisch

Ein Paradebeispiel dafür bietet das GBYP, Grand Bluefin Tuna Year Programme. Nach anhaltender Kritik von NGOs wegen der Festsetzung von Fangbeschränkungen, die weit über den wissenschaftlich ermittelten Werten lagen, und des raschen Rückgangs der Bestände hat ICCAT, die International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas, 2008 als kurzfristige Massnahme die Fangbeschränkungen für Blauflossen-Thunfisch deutlich gesenkt und das GBYP als Forschungsprogramm ins Leben gerufen, um langfristig nachhaltige Fangmethoden zu ermitteln. Ausgestattet mit einem Budget von fast 20 Millionen Euro, führte das Forschungsprogramm von 2011 bis 2021 und zahlreiche wissenschaftliche Tests durch.

So wurden Erhebungen aus der Luft durchgeführt, um die Biomasse der Jungfische zu schätzen und Trends in den Fischansammlungen zu ermitteln. Die Fische wurden markiert und die örtlichen Fischer angewiesen, die teuren und wissenschaftlich wichtigen Geräte nach Auffinden an ihre Eigentümer zu überführen, um die Nutzung des Lebensraums und die Migrationsmuster besser zu verstehen. Alte Fischereiprotokolle wurden analysiert, um historische Daten zu ergänzen, die nun bis ins Jahr 1512 zurückreichen. Es wurden biologische Studien durchgeführt, um mögliche Unterpopulationen und den Geburtsort der Fische zu ermitteln. Und schliesslich wurden komplexe Modelle erstellt, die alle gesammelten Informationen in einem soliden Beratungskonzept zusammenführen, an dem die ICCAT ihre Managementstrategie ausrichten kann. Schlussendlich einigten sich auf der Grundlage der im Rahmen des GBYP gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse die ICCAT-Mitglieder am 21. November 2022 auch darauf, eine Bewirtschaftungsstrategie für den Blauflossen-Thunfisch einzuführen.

Anzeichen der Erholung

In der Zwischenzeit hatten sich die Thunfischbestände aber schon deutlich erholt. In den fünfzehn Jahren, die für die Planung, Durchführung und Umsetzung des Forschungsprogramms benötigt wurden, haben die eilig eingeführten Fangbeschränkungen wahre Wunder für die Bestände bewirkt. Der Blauflossen-Thunfisch wurde 2015 von «endangered» in «near threatened» umgestuft. Im Jahr 2018 wurden die ersten Fischereien in die MSC-Bewertung aufgenommen und erhielten 2020 die MSC-Zertifizierung. Im Jahr 2021 schliesslich senkte die IUCN den Status des Blauflossen-Thuns von «near threatened» auf «least concern» (siehe hier den vollständigen Zeitplan). Wir sind zuversichtlich, dass sich die neu eingeführte Bewirtschaftungsstrategie als wirksam erweisen wird und dass die Dinge von nun an nur noch besser werden können. Andere Fischereiorganisationen sollten sich ein Beispiel daran nehmen, was sowohl für den Blauflossen-Thunfisch aber auch für die Fischer, die diese Art befischen, erreicht worden ist.

Zucht von Blauflossen-Thunfisch

Und als wären die sich erholenden Wildfischpopulationen nicht schon Grund genug zur Freude, sei auch erwähnt, dass die Zuchtmethoden auf dem Weg zu nachhaltigem Blauflossen-Thunfisch ebenfalls Fortschritte machen - langsam, aber stetig. Heutzutage beschränkt sich die rentable Zucht von Blauflossen-Thunfisch noch immer auf das «Ranging», eine Praxis, bei der Jungfische in freier Wildbahn gefangen und dann zur Mast in Fischfarmen gebracht werden. Doch die Aquakultur holt auf. Nach anfänglichen Zuchtversuchen in den 1970er Jahren gelang in den 2000er Jahren endlich das erste erfolgreiche Ablaichen von Jungfischen. Nach diesem ersten Meilenstein gab und gibt es noch viele Probleme, die noch gelöst werden mussten. So starben Jungfische z.B. weil sie im Wassertank entweder auf den Boden sanken oder aber auch an die Oberfläche getrieben wurde. Auch Kannibalismus und Appetitlosigkeit waren ein Problem.

Doch 2016 gelang dem japanischen Fischerei-Unternehmen Maruha Nichiro schliesslich die erste kommerzielle Vermarktung von aus Eiern gezüchtetem Thunfisch im grossen Stil. Zu Spitzenzeiten verkaufte es rund 1.000 Tonnen Blauflossen-Thunfisch aus geschlossener Aquakultur (im Vergleich zu einem Gesamtverbrauch von 40.000 Tonnen in Japan), wenn auch noch nicht zu zufriedenstellenden Margen. Angesichts des Mangels an spezialisiertem Futter sind die Fütterungskosten immer noch zu hoch. Das Futterverwertungsverhältnis liegt bei 10-15, viel höher als beispielsweise bei Lachs, der nur 1,2 kg Spezialfutter benötigt, um 1 kg Körpergewicht zu erreichen. Auch die Sterblichkeit ist noch viel zu hoch. Nichtsdestotrotz, der Proof of Concept ist erbracht, und insbesondere die Japaner, aber auch Australier und Europäer sind entschlossen, die Zucht von Blauflossen-Thunfisch zum Erfolg zu führen. Durch Investitionen in Maruha Nichro, Kyokuyo, Feed One, und Nippon Suisan Kaisha ist Bonafide bereits seit einiger Zeit in die Zucht von Blauflossen-Thunfisch involviert, und wir sind äusserst gespannt, was die Zukunft für diese Art noch alles bereithält.

Lesen Sie unseren Blog zum Besuch auf den Amami-Inseln in Japan von 2019.

>>> Pazifischer Blauflossen-Thunfisch: Alles Aquakultur

Website: The International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas (ICCAT)

Recent history of Atlantic bluefin tuna (Marine Stewardship Council, MSC)

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